Bad Aibling Umbau Rathaus
Umbau des Rathauses
Bad Aibling
Wettbewerb 2007
Eine zeitgemäße Stadtverwaltung ist bürgerorientiert und soll sich als Dienstleistungseinrichtung Stadt und Bürgern öffnen. Der Entwurf reagiert mit Offenheit und Transparenz...
'In die Jahre gekommen' ist das 1972 in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtete Rathaus von Bad Aibling - baulich und inhaltlich! Eine zeitgemäße Stadtverwaltung ist bürgerorientiert und soll sich als Dienstleistungseinrichtung Stadt und Bürgern öffnen. Die vorgefundene dunkle Erdgeschosszone lädt nicht zum Betreten des Gebäudes ein, sie schreckt eher ab. Wegen der Splitlevel-Erschließung ist das Gebäude nicht behindertengerecht, der Sitzungsbereich ist nicht separat zugänglich und somit nicht für anderweitige Nutzungen konzipiert.
Die vom Auslober beschriebenen Mängel stellen eine Herausforderung dar. Der vorliegende Entwurf reagiert hierauf mit Offenheit und Transparenz. Vom Marienplatz aus ist diese Veränderung deutlich sichtbar, die Erdgeschosszone ist höher und heller, das Foyer erstreckt sich bis zum Mühlbach. Das neue Treppenhaus führt zum offenen Dachgeschoss, dessen auskragendes Dach erzeugt einen Eindruck von Leichtigkeit und stellt den Nutzungswechsel gegenüber den Verwaltungsgeschossen nach außen dar. Dieses Sondergeschoss ist über ein gemeinsames, aber von den Bürobereichen abtrennbares Treppenhaus extern zugänglich.
Das gesamte Gebäude wird behindertengerecht. Durch Wegfall der Splitlevel und Installation der Aufzugsanlage sind alle Ebenen problemlos erreichbar.
Aufstockung, Fassadengestaltung, Fensterbänder und farbige Putzflächen setzen Akzente. Das Gebäude wird, seiner Funktion angemessen, zum bestimmenden Element am Platz, bindet sich aber gleichzeitig durch seine Materialität in die historisch gewachsene Umgebung harmonisch ein.
Die Organisation der verschiedenen Sachgebiete (siehe Piktogramme) und das bürger- bzw. kundenfreundliche Foyer mit Informationsmöglichkeit und Ausstellungsflächen entspricht einem Standard, der seiner Aufgabe als moderner Verwaltungsbau auch in Zukunft gerecht wird.
Eine Besonderheit des Entwurfs ist das transparente Dachgeschoss, ein Sondergeschoss für die Sitzungsräume.
Durch das neue, zum Marienplatz angeordnete Treppenhaus (gleichzeitig Fluchttreppenhaus) mit Aufzugsanlagen ist ein reibungsloser Ablauf im Alltagsbetrieb gewährleistet - gleichzeitig sind, abgetrennt vom Verwaltungsbetrieb oder in dienstfreien Zeiten, verschiedenste Sondernutzungen möglich.
Neben seiner ursprünglichen Aufgabe als Ort für Politik und Versammlung lässt sich das Sitzungsgeschoss, ohne die Verwaltungsgeschosse zu tangieren, als kultureller und bürgernaher Treffpunkt nutzen dient es während der Umbauphasen als 'Ausweichfläche' zur Aufrechterhaltung des Rathausbetriebes.
Konstruktion und Gestalt
Vom Auslober wird ein Umbau bei laufendem Betrieb gewünscht. Als Konsequenz hieraus ergeben sich längere Umbauzeiten und höhere Umbaukosten. Die kostengünstigere Alternative wäre es, die Verwaltung auszulagern und den Umbau mit einem optimierten Ablaufplan durchzuführen. In den Piktogrammen ist eine Grobplanung für das Szenario 'Umbau bei laufendem Betrieb' dargestellt, die in der realen Umsetzung verfeinert und angepasst werden muss.
Das Dachgeschoss wird als konventionelle Massivkonstruktion vorgesehen (STB-Rundstützen, Flach- decken, ...) Gleiches gilt für alle zu erneuernden Bauteile. Die vorhandene Tragstruktur (STB-Stützen, Rippendecken) wird weitestgehend beibehalten.
Das Rathaus erhält eine neue Außenhaut. Dies ist im Hinblick auf den zukünftigen Energieverbrauch und die Unterhaltung unabdingbar. Das umgebaute Rathaus erfüllt den Niedrigenergie-Standard, langfristig steigende Energie- und Unterhaltungskosten werden minimiert.
Neue Fassadenelemente mit 3-fach Verglasung, feingeputzte Brüstungsbänder bzw. WDV-Systeme vor den geschlossenen Wandflächen bestimmen das neue Erscheinungsbild. Den oberen Abschluss bildet das auskragende Dach mit 15-20 cm Wärmedämmung und einer extensiven Begrünung.
Beim Innenausbau kommen pflegeleichte, langjährig bewährte Materialien und Konstruktionen zum Einsatz. Sie entsprechen den aktuellen Standards im Verwaltungsbau.
Detaillierte Beschreibung der Materialien siehe Erläuterungen auf Plan 4.
Ökologie und Nachhaltigkeit
Durch das architektonische Konzept wird sichergestellt, dass die Gebäudestrukturen, im Sinne des öko- logischen Ansatzes, überwiegend natürlich belüftet und belichtet werden. Räume im UG werden mechanisch mit Zu- und Abluft versorgt
Die großen Fensterbänder ermöglichen einen hohen Tageslichteintrag und, bei Öffnung der Flügel, eine natürliche Durchlüftung infolge Thermik und Wind.
Aus den Überlegungen zur Nachhaltigkeit, unter Einbeziehung der kompakten Bauweise und hervorragenden Wärmedämmung, schlagen wir eine Kombination aus Gasbrennwerttechnik (Niedertemperaturtechnik) und einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk vor. Die Optimierung der Anlage setzt für die Gebäudehülle einen U-Wert von ca. 0,25-0,35 (Niedrigenergiestandard) voraus. Optional kann das Konzept im Bereich des Marienplatzes mit geothermischen Sonden, auf den begrünten Dachflächen mit Photovoltaikelementen ergänzt werden.
Zur Kühlung des Sitzungsbereiches ist eine Bauteilaktivierung vorgesehen, die dafür notwendige Kühlenergie wird aus Geothermie gewonnen.
Für die Beheizung werden Niedertemperaturheizflächen (Konvektorheizflächen) vorgesehen.
Raumlufttechnik
Für das Sitzungsgeschoss, das Foyer und optional auch für die Bürozonen wird eine Zu- und Abluftanlage vorgeschlagen, die über die Möglichkeit der Fensterlüftung hinaus auch bei geschlossenen Fenstern für eine optimale Versorgung mit Frischluft und eine Verbesserung der Energiebilanz sorgt. Die RLT-Anlage über dem Dachgeschoss ist mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgelegt.
Elektrotechnische Anlagen
Die Elektroversorgung des Gebäudes erfolgt aus dem öffentlichen Netz. Zusätzlich wird der elektrische Verbrauch über das Klein-BHKW (ca. 15 kWel) minimiert. Die Anlage kann zusätzlich als Netzersatzanlage für Notstrom und zur Versorgung der Informations- und Kommunikationseinrichtungen genutzt werden.
Die Abwärme wird zur Beheizung bzw. Warmwassererzeugung genutzt.
Zur Reduzierung der elektrischen Energieverbräuche werden Beleuchtungssysteme vorgeschlagen, die bei zonaler Beleuchtung mit geringsten Anschlussleistungen auskommen (Beleuchtungsstärke im Infeldbereich ca. 500 Lux, Anschlussleistung ca. 12 W/m2).